von | Dez. 5, 2024 | Allgemein, Bhakti, Meditation, Yoga

Get bored with your practice

Der Weg zu mehr spiritueller Tiefe

In einer Welt voller Ablenkungen, Abwechslung und ständigem Streben nach Neuem wirkt Langeweile wie ein Tabu. Doch in der spirituellen Praxis – sei es Yoga, Meditation oder ein anderer Weg – birgt gerade die Langeweile eine immense Chance. Sie ist nicht das Ende der Praxis, sondern ihr Anfang.

Langeweile als Spiegel

Langeweile ist unangenehm. Sie zwingt uns, in uns selbst hineinzuschauen, anstatt uns von äußeren Reizen ablenken zu lassen. Der Versuch, die Praxis „interessant“ oder „unterhaltsam“ zu gestalten, kann leicht dazu führen, dass sie zu einer Performance wird – für uns selbst oder andere. Doch wenn wir uns erlauben, die Wiederholungen zuzulassen, wenn wir in der Einfachheit bleiben, beginnt die wahre Arbeit.

Der Geist, der nach Unterhaltung sucht, stößt auf Widerstand. Und in diesem Widerstand liegt die Möglichkeit, alte Muster zu durchbrechen.

Die Schönheit der Einfachheit

Als Yogalehrer habe ich mich bewusst dafür entschieden, meinen Unterricht schlicht zu halten: einfache Sequenzen, viele Wiederholungen, keine spektakulären „fancy“ Asanas. Das mag für manche monoton oder gar langweilig erscheinen. Doch genau hier liegt die Kraft.

Warum? Weil es nicht darum geht, von Pose zu Pose zu springen oder sich von der Komplexität der Abfolgen beeindrucken zu lassen. Es geht darum, den Fokus nach innen zu richten und die Praxis zu einem echten Spiegel für das eigene Innere werden zu lassen.

Der Weg zur spirituellen Tiefe

Wahre spirituelle Praxis entsteht, wenn der Entertainmentfaktor verschwindet. Erst wenn wir uns mit der Monotonie versöhnen, können wir tiefer schauen. Hier ein paar Gedanken, wie du Langeweile in deiner Praxis – und vielleicht auch im Unterricht – willkommen heißen kannst:

  • Bleib bei der Wiederholung: Statt ständig Neues zu suchen und die Praxis zu wechseln, übe dich in den gleichen Bewegungen, Posen oder Atemmustern. Wiederholung vertieft die Erfahrung und gibt dir die Möglichkeit, Feinheiten zu entdecken, die dir im ständigen Wechsel verborgen bleiben.
  • Richte den Blick nach innen: Nutze die Einfachheit, um aufmerksam zu werden. Wie fühlt sich dein Körper heute an? Was macht dein Atem? Welche Gedanken tauchen auf?
  • Beobachte den Geist: Langeweile bringt häufig Widerstand mit sich. Beobachte diesen Widerstand, ohne ihm nachzugeben. Das allein ist eine tief transformierende Praxis.

  • Erlaube der Stille, Raum zu bekommen: Je weniger Ablenkung im Außen ist, desto mehr Raum entsteht für die Stille im Inneren.

  • Erkenne den Wert der Einfachheit: In der Einfachheit liegt Tiefe. In der Tiefe liegt Transformation.

Einfluss auf meinen Unterricht

Diese Haltung prägt auch meinen Unterricht. Ich lade meine Teilnehmer:innen ein, die Wiederholungen und die Schlichtheit anzunehmen – nicht, um sich zu langweilen, sondern um mit dieser Langeweile zu arbeiten. Es ist ein bewusster Bruch mit dem Anspruch, dass Yoga immer „interessant“ sein muss. Es ist eine Rückkehr zu dem, worum es eigentlich geht: Verbindung, Selbsterkenntnis, Präsenz.

Wenn wir aufhören, Yoga als Unterhaltung zu sehen, wenn wir den Entertainmentfaktor loslassen, dann beginnt die wahre spirituelle Praxis. Sie ist still, tief und manchmal unbequem. Aber genau darin liegt ihre Stärke.

Trau dich, gelangweilt zu sein. In der Langeweile liegt die Tür zur Wahrheit.

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